Cirsium arvense (L.) Scop. im Ackerbau: Vegetative und generative Vermehrung unter dem Einfluss pflanzenbaulicher Maßnahmen

Annelie Dau, 2012


Zusammenfassung
Cirsium arvense (L.) Scop. stammt ursprünglich aus Eurasien, hat sich inzwischen aber weltweit in den gemäßigten Zonen ausgebreitet. Sie gilt in vielen Regionen als eines der bedeutendsten Wurzelunkräuter im Ackerbau. Die Acker-Kratzdistel wächst klonal und ist in der Regel nestartig über die Fläche verteilt. Sie kann sich sowohl vegetativ über ihr ausgedehntes Wurzelsystem als auch generativ über Samen verbreiten. Aus der Betrachtung der Wachstumsstrategie der Distel können Ansatzpunkte für direkte und indirekte Bekämpfungsmaßnahmen abgeleitet werden.

In der vorliegenden Arbeit wurde die Wachstumsstrategie von C. arvense in den unterschiedlichen Phasen des Entwicklungszyklus in Feld- und Modellversuchen analysiert. Gleichzeitig wurde die vegetative und generative Entwicklung der Distel unter dem Einfluss verschiedener nicht-chemischer pflanzenbaulicher Maßnahmen untersucht.

Die Strategie der Acker-Kratzdistel erwies sich als typisch für eine perennierende Art. Unter guten Wachstumsbedingungen erfolgte eine starke vegetative Ausbreitung der Distelnester, aber auch in Jahren mit ungünstigen Bedingungen blieb C. arvense vegetativ mit vereinzelten Wurzelsprossen am Standort präsent. Im Vergleich zu einjährigen Arten wurde wenig in die generative Vermehrung investiert. Der Umfang der Blüte hing vom Erfolg des vegetativen Wachstums ab und der Aufbau einer umfangreichen persistenten Samenbank blieb aus. Die Art erwies sich sowohl in ihrer generativen als auch in ihrer vegetativen Entwicklung als empfindlich gegenüber Lichtkonkurrenz. Insbesondere Keimlinge zeigten in Modellversuchen unter verminderter Lichtintensität geringere Keimraten, erhöhte Mortalität und verzögertes Wachstum. Allerdings reagierte die Distel schnell auf sich ändernde Konkurrenzbedingungen: Nach dem Wegfall der Lichtkonkurrenz im Spätsommer erfolgte eine weitere Keimwelle. Auch vegetativ konnte sich die C.-arvense-Population nach der Ernte durch die verstärkte Bildung von Sprossen regenerieren. Die erste Wachstumsphase etablierter Nester erfolgte im Frühjahr in den noch jungen Kulturpflanzenbeständen.

Im Mittelpunkt der Untersuchungen zum Einfluss pflanzenbaulicher Maßnahmen stand ein Langzeitversuch, aus dem Daten ab 1988 vorlagen. Die erste Versuchsphase, mit der Fruchtfolge Rüben – Winterweizen – Wintergerste, erstreckte sich von 1988 bis 1999. In diesem Zeitraum wurde die Sprossdichte von C. arvense in einer mit mineralischem Stickstoff gedüngten und einer ungedüngten Variante verglichen: Über die Jahre nahm die Sprossdichte in der ungedüngten Variante, trotz mechanischer Bekämpfung in den Rüben, immer weiter zu. In der gedüngten Variante kam es dagegen zu keiner verstärkten Ausbreitung.

In der zweiten Versuchsphase von 1999 bis 2003 wurde die Fruchtfolge auf Kleegras (einjährig) – Winterweizen – Winterweizen umgestellt. Die in der ersten Phase ungedüngte Variante, in der sich dichte Distelnester entwickelt hatten, wurde in eine gedüngte Variante umgewandelt, zuvor gedüngte Varianten erhielten keine Stickstoffgaben mehr. Wie in der ersten Versuchsphase kam es schnell zu einer Ausbreitung von C. arvense in den jetzt ungedüngten Versuchsparzellen. Der Effekt fehlender Düngung erwies sich auch als reversibel: Die etablierten Nester wurden in wenigen Jahren fast vollständig zurückgedrängt. Auch die Kleegraseinsaat hatte einen ausgeprägt regulierenden Effekt und es zeigten sich Unterschiede in der Konkurrenzwirkung der verschiedenen Winterweizensorten.

Die Ergebnisse des Langzeitversuchs wurden durch Untersuchungen in einem Anbausystemversuch ergänzt. Dort wurde die Entwicklung von Distelnestern und Einzelsprossen in der Fruchtfolge Winterraps – Hafer – Winterweizen – Wintergerste erfasst. Die Ergebnisse entsprechen denen des Langzeitversuchs: Im konkurrenzstarken Rapsbestand entwickelten sich vor der Ernte nur wenige Sprosse, die in der Regel nicht das Stadium der Blüte erreichten. Im folgenden Hafer wurden dagegen im Frühjahr ausgedehnte Distelnester kartiert, die den Einsatz von Herbiziden notwendig machten. Der Effekt der geringen Konkurrenzkraft des Haferbestandes wurde dabei durch eine lange Phase der Bodenruhe nach der Rapsernte verstärkt.

Im Frühjahr 2003 bot sich im Anbausystemversuch die Möglichkeit, das Wachstum von Keimlingen unter Feldbedingungen zu beobachten. Wie in den Modellversuchen führte die erhöhte Konkurrenz durch dichtere Bestände zu erhöhter Mortalität und Wachstumsverzögerungen. Keiner der Keimlinge konnte sich über die Vegetationsperiode hinaus etablieren.

Die Ergebnisse der Versuche zeigen, dass nicht-chemische pflanzenbauliche Maßnahmen geeignet sind, um C. arvense zu kontrollieren. Besonders wirksam sind Maßnahmen, die auf eine Stärkung der Konkurrenzwirkung durch die Kulturpflanzenbestände abzielen: Dichte Bestände, die schon früh in der Vegetationsperiode Konkurrenzdruck ausüben, begrenzen die vegetative Ausbreitung der Distel und verhindern die Etablierung von Keimlingen. Isolierte Maßnahmen – einschließlich einmaliger Herbizideinsätze – reichen für die dauerhafte Kontrolle von C. arvense allerdings nicht aus. Als mehrjährige Art ist die Acker-Kratzdistel daran angepasst, auch Phasen mit ungünstigen Wachstumsbedingungen zu überdauern. Erfolgversprechend ist daher nur eine langfristige Strategie unter Einbeziehung von Düngung, Fruchtfolge, Sortenwahl und Bodenbearbeitung ebenso wie von direkten Bekämpfungsmaßnahmen.