Geographische, phänotypische und genetische Variabilität sowie Schadpotenzial von Plasmodiophora brassicae Isolaten an Winterraps in Deutschland

Becke Strehlow, 2015


Thesen
Die Anbaubedeutung von Winterraps hat in Deutschland in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Durch die zum Teil sehr engen Fruchtfolgen und hohen Anbaudichten treten verstärkt Fruchtfolgekrankheiten auf, zu denen auch die Kohlhernie gehört, die von dem bodenbürtigen Protisten Plasmodiophora brassicae verursacht wird.

Eine direkte Bekämpfung des Erregers ist nicht möglich und ein Befall kann durch Kulturmaßnahmen nur einschränkt, aber nicht vollkommen verhindert werden. Zum Gefahrenpotenzial des Erregers gehören Ertragsverluste und die Anreicherung von persistenten Dauersporen im Boden. Bisher gibt es keine Daten zur Schadwirkung von P. brassicae oder dazu, wie stark der Anbau von anfälligen Rapssorten auf Befallsflächen das Bodeninokulum erhöht. Um abschätzen zu können, in welchen Regionen Deutschlands P. brassicae ein ökonomisches Risiko darstellt, sind Daten zur Verbreitung des Erregers unerlässlich. Eine Maßnahme den Kohlhernieerreger effektiv zu kontrollieren, wäre der Anbau resistenter Rapssorten. Die Entwicklung resistenter Wirtspflanzen wird durch die hohe Anzahl auftretender Pathotypen und fehlender effizienter Methoden, diese zu unterscheiden erschwert. Bisher erfolgt die Charakterisierung der Pathotypen mit einem zeit- und platzaufwendigem Differentialset (European Clubroot Differential, ECD) unterschiedlich resistenter Wirtspflanzen als Biotest. Wesentlich effizienter könnte dies mit molekulargenetischen Techniken erreicht werden, um einerseits die genetischen Eigenschaften verschiedener Feldisolate aus unterschiedlichen deutschen Rapsanbaugebieten zu untersuchen und andererseits Marker zu entwickeln, mit denen Pathotypen von P. brassicae unterschiedlicher Herkünfte identifiziert werden können.

Ziel unserer Untersuchungen war es daher, Befalls-Verlust-Relationen zu erstellen sowie zu erfassen, welchen Einfluss Wirtspflanzen auf das Bodeninokulum haben, um das Gefahrenpotenzial – Ertragsverluste und Anreicherung des Bodeninokulums - von P. brassicae in Winterrraps zu quantifizieren. Kenntnisse zur Verbreitung des Erregers sollten erfasst werden, um einschätzen zu können, in welchen Rapsanbauregionen Deutschlands Ertragsverluste entstehen können, wobei gleichzeitig geprüft werden sollte, welche Management- und Standortfaktoren den Befall mit Kohlhernie beeinflussen. Außerdem sollten Plasmodiophora-Isolate aus unterschiedlichen Anbauregionen Deutschlands phänotypisch und genotypisch charakterisiert werden, um die Pathotypenverbreitung zu erfassen, Verwandtschaftsverhältnisse darzustellen, Virulenzeigenschaften der Isolate auf molekularer Ebene zu charakterisieren und Virulenzmarker zu identifizieren.

Aus den Ergebnissen und den gezogenen Schlussfolgerungen der vorangestellten Untersuchungen werden folgende Thesen abgeleitet:

  • P. brassicae besitzt ein hohes Schadpotenzial; unter günstigen Infektionsbedingungen traten hohe Ertragsverluste bereits bei geringen Sporenkonzentrationen auf. Deshalb sollten resistente Sorten unabhängig von der Sporenkonzentration auf Befallsflächen angebaut werden.
  • Der Befall und die Schadwirkung werden signifikant von der Höhe des Bodeninokulums bestimmt. Diese Korrelation tritt jedoch nur unter günstigen Infektionsbedingungen auf, denn trotz hoher Sporenkonzentrationen im Boden kam es unter ungünstigen Witterungsbedingungen zu keinem bzw. zu einem sehr geringen Befall mit P. brassicae. Somit ist der Faktor „Sporenkonzentration im Herbst“ nicht geeignet, Ertragverluste zu prognostizieren, was Untersuchungen von Dosis-Wirkungs-Beziehungen für die Praxis irrelevant machen.
  • Bereits ein einjähriger Anbau von anfälligen Rapssorten vermehrt den Erreger massiv. Daraus folgt, dass eine lange Anbaupause keine geeignete Kontrollmöglichkeit ist, ein hohes Bodeninokulum auf ein geringes Niveau zu reduzieren. Angepasste Fruchtfolgen können nur einen präventiven, aber keinen kurativen Effekt auf die Pathogen-Populationen haben.
  • Es bestehen regionale Unterschiede im Pathogenauftreten und der Befallsstärke von P. brassicae. Dennoch konnte der Erreger auf einem Großteil der Flächen in allen Bundesländern nachgewiesen werden.
  • Neben Witterungsverhältnissen beeinflussten auch Management- und Standortfaktoren die Befallsstärke mit Kohlhernie. Die Befallsstärke auf den Praxisflächen wurde signifikant vom Boden-pH-Wert und dem Sandgehalt beeinflusst.
  • Das hohe Schadpotenzial und die weite Verbreitung des Erregers in Deutschland verdeutlichen, dass der Anbau von Winterraps auf dem Großteil der im Monitoring untersuchten Flächen mit einem ökonomischen Risiko verbunden ist.
  • Die untersuchten Plasmodiophora-Isolate waren genetisch sehr divers und wiesen eine hohe genetische Variabitität auf. Die AFLP-Genotypen unterschieden sich signifikant in den untersuchten Regionen und es konnte kein Genfluss zwischen den Regionen festgestellt werden. Auch das Feld hatte einen signifikanten Einfluss auf die AFLP-Genotypen.
  • Die genetische Differenzierung zwischen den Regionen ist erklärbar mit der gerichteten Selektion, die die Region, stellvertretend für die Rapsanbaugeschichte und –intensität, auf den AFLP-Genotyp ausübt.
  • Die genetische Differenzierung zwischen Feldern ist erklärbar mit der eingeschränkten Verbreitung dieses bodenbürtigen Erregers. Das Verschleppungsrisiko zwischen nahe beieinander liegenden Feldern scheint demnach sehr gering zu sein.
  • Die untersuchten Plasmodiophora-Isolate wiesen eine hohe phänotypische Varianz auf. Regionale Unterschiede bestanden in der Pathotypendiversität und der Virulenz gegenüber den B. napus Wirten. B. oleracea und B. rapa zeigten überwiegend einheitliche Reaktionen gegenüber den getesteten Plasmodiophora-Isolaten und waren nicht geeignet regionale Unterschiede in der Virulenz aufzuzeigen. Die monogene Resistenz in der Rapssorte ‚Mendelson‘ war bei dem Großteil der Isolate wirksam. ‚Mendelson‘-virulente Isolate traten ausschließlich im Raum Greifswald auf.
  • Linkage disequilibrium (LD) und die Korrelation zwischen den genetischen und den phänotypischen Daten weisen daraufhin, dass P. brassicae sich klonal vermehrt.
  • Einzelne AFLP-Fragmente bzw. eine Kombination aus verschiedenen Fragmenten korrelierten mit den Virulenzeigenschaften der Pathotypen. Pathotypen von P. brassicae können demnach unabhängig von Biotests unterschieden werden.
  • Ein AFLP-Fragment korrelierte mit der Virulenz gegenüber der resistenten Rapssorte ‚Mendelson‘. Sequenzbasierte Virulenzmarker können hieraus in Zukunft abgeleitet werden.