Abundanzen von Grüner Pfirsichblattlaus (Myzus persicae Sulzer) und Grüngestreifter Kartoffelblattlaus (Macrosiphum euphorbiae Thomas) an verschiedenen Kartoffelsorten

Hend Aldamen, 2011


Zusammenfassung
In der vorliegenden Arbeit wurde die Präferenz von Blattläusen für bestimmte Kartoffelsorten untersucht. Im Detail befasst sich die Arbeit mit der Vermehrungsdynamik (Vermehrungsrate, Sortenwahl, Lebensdauer, Blattlausbefall) der Arten M. persicae und M. euphorbiae auf verschiedenen Kartoffelsorten in Abhängigkeit von Befallsdichte und bestimmten Wirtspflanzeneigenschaften (Behaarungsintensität und Inhaltsstoffe). Zur Klärung des Einflusses der Wirtspflanze auf die Vermehrung von M. persicae und M. euphorbiae wurden Versuche mit achten unterschiedlichen Kartoffelsorten (Albatros, Borwina, Fasan, Kormoran, Pirol, Romanze, Salome, Terrana) unter kontrollierten Bedingungen (Gewächshaus und Klimakammer) bzw. Freilandsbedingungen durchgeführt. Diese acht Sorten standen in den meisten Versuchen in Zentrum, versuchsspezifisch wurden weitere Sorten und eine Wildart eingesetzt. Die Vorgehensweisen und die Ergebnisse der Versuche lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Die optimale Vermehrungsleistung der Blattlausarten M. persicae und M. euphorbiae wurde auf den acht Cultivarsorten, drei alten Kartoffelsorten und einer Wildart unter verschiedenen Bedingungen (Gewächshaus, In-Vitro, Semi-Freiland) untersucht (s. Kapitel 3). Die Blattlausarten hatten unterschiedliche Vermehrungsraten auf den geprüften Kartoffelsorten unter verschiedenen Bedingungen, d.h. die Anfälligkeit von den Kartoffelsorten (inkl. der genetischen Ressourcen in Form von alten Kartoffelsorten und der Wildart) war gegenüber den beiden Blattlausarten nicht gleich. Die In-Vitro-Untersuchungen zeigten, dass die beiden Blattlausarten sich an den alten Kartoffelsorten und der Wildart um 17% bei M. persicae bzw. um 24% bei M.euphorbiae im Vergleich zu den Cultivarsorten geringer vermehrt haben. Der Vergleich der Methoden untereinander ergab oftmals bei gleichen Sorten größere Abweichungen in der Vermehrungsrate. Insgesamt wurde in den Versuchen an der Sorte Borwina besonders hohe Vermehrungen ermittelt. Auf der Sorte Romanze vermehrten sich beide Blattlausarten weniger stark.
  • In Kapitel 4 wurde die Wirkung der Blattetagen von den genannten Kartoffelsorten auf die Vermehrungsrate von M. persicae und M. euphorbiae im Einzelblatttest im Gewächshaus untersucht. Beide Blattlausarten haben eine Präferenz für ein bestimmtes physiologisches Alter der Blätter. Ältere Blätter waren besser geeignet für M. persicae als junge Blätter. Im Gegensatz dazu erreichte M. euphorbiae höhere Vermehrungsraten auf den oberen Kartoffelblättern im Vergleich zu unteren.
  • Versuche zur Sortenwahl der Blattläuse M. persicae und M. euphorbiae wurden mit den untersuchten Kartoffelsorten im Gewächshaus und Semi-Freiland durchgeführt (Kapitel 5). Offenbar sind M. persicae und M. euphorbiae in der Lage, geeignete Sorten auszuwählen. Gemessen an der Besiedlung durch die Blattlausarten waren die Sorten Salome, Fasan und Borwina für M. euphorbiae bzw. Fasan, Borwina und Kormoran für M. persicae besonders attraktiv.
  • M. persicae und M. euphorbiae wurden im Gewächshaus auf acht Kartoffelsorten vermehrt, wobei die Lebensdauer und die Fruchtbarkeit untersucht wurden (Kapitel 6). Die Vermehrungsraten auf den geprüften Kartoffelsorten waren unterschiedlich, wobei die Vermehrungskapazitäten von M. euphorbiae geringer als die von M. persicae waren. Die Lebensdauer von M. persicae und M. euphorbiae betrug Min. 22 (Salome) bis Max. 30 (Terrana) Tage bzw. Min. 23 (Romanze) bis Max. 27 (Terrana) Tage.
  • Im Rahmen von Kapitel 7 wurden verschiedene Kartoffelsorten in Freilandversuchen an drei Standorten hinsichtlich des Blattlausbefalls untersucht. Außerdem wurden die Spektraleigenschaften der Blätter verschiedener Kartoffelsorten gemessen und ihre Beziehung zum Blattlausbefall geprüft. In dieser Arbeit wurden neben den acht Kartoffelsorten zwei Sorten (Alegria und Meridian) am Standort Rostock bzw. fünfzehn Sorten an den Standorten Sanitz und Gülzow untersucht. Der Blattlausbefall war in den Versuchsjahren 2006 und 2007 an den Standorten unterschiedlich. Es traten die Blattlausarten M. persicae, A. nasturtii, M. euphorbiae, A. solani, A. frangulae auf. Die Ergebnisse zeigten einen gesicherten Zusammenhang zwischen den Reflexionswerten der unterschiedlichen Sorten und dem Blattlausbefall (M. persicae, A. nasturtii, M. euphorbiae). Insbesondere deutlich war dies für die Wellenlänge 530 nm und 560 nm (Grünbereich). Die mittleren NDVI-Werte (Normalisierter Differenz Vegetations-Index) der Kartoffelsorten schwankten zwischen 0,5 und 0,8. Die resultierenden Werte zeigten einen positiven linearen Zusammenhang zwischen dem NDVI und dem Blattlausbefall in Gülzow und Sanitz. Die Verlaufskurve des WBI (Wasserbanden-Index) war reziprok zu der des NDVI. Es gab eine negative signifikante Korrelation zwischen WBI und dem Blattlausbefall. D.h. je höher der Wassergehalt der Kartoffelpflanzen war, desto höher war die Blattlausdichte.
  • Als weitere mögliche Ursache für das unterschiedliche Verhalten der Blattläuse wurde die Behaarungsintensität der Kartoffelsorten untersucht (Kapitel 8). Bei allen geprüften Kartoffelsorten war jeweils die Blattunterseite stärker behaart als die Blattoberseite. Die Haardichte der Kartoffelsorten war im Gewächshaus am höchsten, gefolgt von Freiland und In-Vitro. Die Beziehung zwischen Behaarungsdichten der Blattunterseite und Abundanz der Blattläuse war signifikant positiv.
  • In Kapitel 9 wurden die Hauptnährkomponenten für die Blattläuse, Zucker und freie Aminosäuren, für die geprüften Sorten untersucht. Als Hauptkomponenten sind in mengenmäßig absteigender Reihenfolge folgende Aminosäuren hervorzuheben sind: Alanin, Threonin und Valin. Salome wies die höchsten Gehalte an Aminosäuren auf. Alegria und Meridian wiesen die geringsten Gehalte auf. Der Zuckergehalt aller Kartoffelsorten erreichte im Mittel 16 g*kg-1 TS Fructose, 21 g*kg-1 TS Glucose und 37 g*kg-1 TS Saccharose. Der geringste Anteil am Gesamtzuckergehalt war in der Sorte Salome nachweisbar. Die Sorte Kormoran enthielt die höchsten Zuckergehalte, gefolgt von Alegria. Bei der Ermittlung der Beziehung zwischen den Blattläusen und den Inhaltsstoffen wurde eine signifikant positive Korrelation zwischen dem Gehalt an Aminosäuren (Serin r= 0,48* und Threonin r= 0,71**) und dem Blattlausbefall gefunden, und ein signifikant negativer Zusammenhang zwischen dem Blattlausbefall und dem Saccharosegehalt festgestellt.

Anhand der vorgestellten Ergebnisse ist ein Einfluss der Sorte auf den Befallsverlauf von M. persicae und M. euphorbiae offensichtlich. Zukünftige Forschungsansätze sollten weitere Blattlausarten der Kartoffel einbeziehen. Für die Kartoffelzüchtung und die praktische Sortenwahl sollten Kriterien entwickelt werden, die Blattlauseignung von Kartoffelsorten zu beschreiben und, wenn möglich, züchterisch zu beeinflussen.