Success factors and obstacles for conservation measures in intensively used agricultural regions

Juliane Mante, 2010


Zusammenfassung
Besonders intensiv genutzte Agrarregionen haben mit zunehmenden Natur- und Umweltschutzproblemen zu kämpfen. Agrarumweltmaßnahmen werden in diesen Regionen von den Landwirten aber vergleichsweise wenig umgesetzt. Einer verstärkten Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen in intensiv genutzten Ackerbauregionen stehen verschiedene Hemmfaktoren entgegen. Diese beziehen sich entweder direkt auf den landwirtschaftlichen Betrieb bzw. den Betriebsleiter als auch auf externe Rahmenbedingungen. Ziel dieser Arbeit war es, verschiedene Ansatzpunkte für das übergeordnete Ziel – mehr Naturschutz in intensiv genutzte Agrarregionen – zu analysieren. Die Schwerpunkte lagen hierbei a) auf der Untersuchung umsetzungsfördernder und -hemmender Faktoren seitens der Landwirte und deren Diskussion mit Naturschutzzielen und b) auf der fördernden oder hemmenden Wirkung nationaler politischer Rahmenbedingungen. Der Fokus lag insgesamt auf der Umsetzung von Ackerstreifen als einem Beispiel für produktionsintegrierte Naturschutzmaßnahmen.

Zu a) wurden folgende Fragen näher analysiert: der Einfluss von Ausgestaltung und Prämienhöhe bestimmter Agrarumweltmaßnahmen (Fokus Ackerstreifen), die Rolle der Förderinstitution und Art der Informationsvermittlung sowie der Einfluss von Betriebsstruktur, Betriebsökonomie und Betriebsleitereigenschaften.

Zur Beantwortung dieser Fragen wurden 4720 Landwirte in intensiv genutzten Agrarregionen der Bundesländer Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen schriftlich befragt. Die Rücklaufquote der Fragebögen schwankte in den Bundesländern zwischen 13 und 26 %. Die Gesamtrücklaufquote betrug 20,2 %. Die Auswertung erfolgte überwiegend anhand der binären logistischen Regressionsanalyse (Methode: Enter; Einfacher Kontrast). Unterschiede im präferierten Maßnahmendesign zwischen den 3 Bundesländern wurden anhand des Kruskal-Wallis Tests (für Median ordinaler und metrischer Variablen) und des χ2-Tests (für Modalwert nominaler Variablen) auf Signifikanz getestet. Um Unterschiede zwischen 2 Bundesländern näher zu spezifizieren, wurden der Mann-Whitney Test asymptotische Signifikanz, 2-seitig; für Median ordinaler und metrischer Variablen) und der χ2-Tests (für Modalwert nominaler Variablen) genutzt. Die Ergebnisse zur Präferenz des Maßnahmendesigns wurden anhand eines Literaturstudiums naturschutzfachlich diskutiert.

Zu b) wurde zum einen beispielhaft die Wirkung des 2004 geänderten Pflanzenschutzgesetzes auf die Opportunitätskosten von Ackerstreifen in der Nähe von aquatischen oder terrestrischen Saumbiotopen analysiert. Dies erfolgte durch die Kalkulation unterschiedlicher Deckungsbeiträge (Grundlage KTBL-Datensatz).

Zum anderen wurden Möglichkeiten und Grenzen der Umsetzbarkeit produktionsintegrierter Naturschutzmaßnahmen im Rahmen der Eingriffsregelung nach deutschem Bau- und Naturschutzrecht untersucht. Hierfür wurden die rechtlichen Rahmenbedingungen untersucht und bewertet sowie 14 Naturschutzexperten in intensiv genutzten Agrarregionen der Bundesländer Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen mündlich in qualitativen Interviews befragt.

Die Arbeit wurde im Rahmen eines wissenschaftlichen Begleitprojekts des Projektverbunds „Lebensraum Börde” durchgeführt. Dieser Projektverbund bestand aus fünf Praxisprojekten, die von 2002 bis 2007 in intensiv genutzten Agrarregionen Deutschlands produktionsintegrierte Naturschutzmaßnahmen entwickelt und erprobt haben (www.acker-als-lebensraum.de).

 

Ergebnisse zu a) Einflussfaktoren für Landwirte/Betriebe:

Agrarumweltmaßnahmen auf Acker, wie zum Beispiel Mulch- oder Direktsaat, die einen hohen Flächenanteil einnehmen, haben häufig relativ geringe Auflagen und verursachen Mitnahmeeffekte. Die Ergebnisse zeigen aber, dass ihre Umsetzung die Wahrscheinlichkeit einer nachfolgenden Umsetzung von höherwertigen Maßnahmen im Grünland steigert.

Agrarumweltmaßnahmen auf Acker werden häufiger von Landwirten umgesetzt, die offen gegenüber neuen oder unüblichen Produktionsmethoden sind und eine hohe Risikobereitschaft haben. Die Wahrscheinlichkeit einer Umsetzung von Maßnahmen steigt bei Landwirten, die ein Interesse an der Erhaltung der Artenvielfalt haben.

Die Förderinstitution hat einen wichtigen Einfluss auf die Umsetzung von Agrarumweltmaßnahmen: Je besser die Landwirte ihr Verhältnis zur Förderinstitution einschätzen, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie Agrarumweltmaßnahmen umsetzen. Auch das Vorhandensein definierter, feststehender Ansprechpartner innerhalb dieser ist von Bedeutung: Sind diese vorhanden, steigt die Wahrscheinlichkeit einer Umsetzung von Agrarumweltmaßnahmen im Grünland seitens der Landwirte.

Die Wahrscheinlichkeit einer Umsetzung von Ackerstreifen steigt, wenn die Landwirte bereits Agrarumweltmaßnahmen auf Grünland oder Mulch- und Direktsaatmaßnahmen sowie Extensivierungsmaßnahmen auf Acker in Bezug auf Dünger- und Pflanzenschutzeinsatz umsetzen. Ackerstreifen werden außerdem häufiger von Landwirten umgesetzt, die weniger risiko-avers sind.

In Bezug auf die Ausgestaltung der Auflagen für Ackerstreifen unterscheiden sich die Präferenzen der Landwirte zwischen des Bundesländern Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen kaum. Sie konfligieren auch nur unbedeutend mit Naturschutzzielen. Landwirte fürchten vor allem eine Verbreitung von Unkräutern. Sie präferieren daher mit Blüh- oder Gräsermischungen angesäte Ackerstreifen, die einmal im Jahr gemäht werden und eingeschränkt mit Herbiziden behandelt werden dürfen. Sie bevorzugen außerdem kurze Vertragslaufzeiten (1 Jahr) mit der Möglichkeit zur Verlängerung.

Die häufigsten Gründe, warum Landwirte keine Ackerstreifen im Rahmen von Agrarumweltprogrammen umsetzen, sind a) ein zu hoher Bürokratieaufwand für Beantragung und Kontrolle und damit zu hohe Transaktionskosten (68 % der antwortenden Landwirte); b) zu geringe Prämienhöhen (54% der antwortenden Landwirte); c) befürchtete Probleme mit den Verpächtern (33% der antwortenden Landwirte) und d) befürchtete produktionsbezogene Risiken (32% der antwortenden Landwirte).

 

Ergebnisse zu b) Wirkung nationaler politischer Rahmenbedingungen:

Die Berechnungen (Standarddeckungsbeitrag der Fruchtfolge Zuckerrübe-Winterweizen-Winterweizen) zeigen, dass Landwirte auf Standorten mit Pflanzenschutzauflagen 25-42 % höhere Deckungsbeiträge für prämierte Ackerstreifen erzielen als auf Standorten ohne Pflanzenschutzauflagen. Betrachtet man die Prämienhöhe, die im Niedersächsischen Agrarumweltprogramm (NAU) für Blühstreifen gezahlt wird – 600 EUR/ha/Jahr – , wird deutlich, dass auf Böden mit hohem Ertragspotenzial die gezahlte Prämie für Blühstreifen mit Kultur- oder Kultur- und Wildartenmischungen erst dann die Gesamtkosten für deren Anlage deckt, wenn am betreffenden Standort Pflanzenschutzauflagen eingehalten werden müssen. Für einjährige Ackerstreifen mit Kulturarten lässt sich mit dieser Prämienhöhe ein Gewinn von 50 EUR/ha/Jahr erzielen.

Die Befragungsergebnissen bestätigen die Berechnungsergebnisse: Landwirte legen Blüh- oder Gräserstreifen vorzugsweise auf Standorten an, auf denen ohnehin Auflagen im Pflanzenschutz eingehalten werden müssen. Damit verbessern sich bei vorhandenen Förderprogrammen einerseits die Voraussetzungen für die Schaffung von blütenreichen Feldstrukturen auch in strukturarmen Regionen mit hohen Bodenqualitäten.

Andererseits sind durch entsprechende Förderprogramme positive Effekte in Bezug auf die Einhaltung der Abstandsauflagen im Pflanzenschutz zu erwarten.

Die überwiegende Form der Umsetzung der Eingriffs- und Ausgleichsregelung (E+ARegelung) verschärft die schon vorhandene Flächennutzungskonkurrenz in intensiv genutzten Agrarregionen, da Kompensationsmaßnahmen wertvolle Böden der landwirtschaftlichen Nutzung entziehen können. Produktionsintegrierte Kompensationsmaßnahmen, bei denen die landwirtschaftliche Bewirtschaftung unter Naturschutzgesichtspunkten weiterhin stattfindet, sind eine Lösung für dieses Problem; sie werden jedoch kaum umgesetzt. Die Untersuchungsergebnisse machen deutlich, dass die Anlage von wechselnden Blühstreifen als Kompensationsmaßnahmen grundsätzlich rechtlich zulässig ist. Sie erfüllen a) die Anforderungen der naturschutzrechtlichen und der planungsrechtlichen E+A-Regelung, gehen b) über die Cross-Compliance-Auflagen hinaus und c) wird ihre dauerhafte Sicherung durch verschiedene rechtliche Instrumente ausreichend ermöglicht. Die Hauptprobleme liegen in den zu geringen Kapazitäten der zuständigen Unteren Naturschutz- bzw. Landschaftsbehörden und in der Qualifizierung der für Verwaltung und Kontrolle zuständigen Personen.

Produktionsintegrierte Maßnahmen auf Acker, die nur geringe Risiken beinhalten – wie zum Beispiel Mulchsaatverfahren oder die pfluglose Bodenbearbeitung – sollten in den Agrarumweltprogrammen für diese Regionen enthalten sein, da sie Landwirte an höherwertigere Maßnahmen heranführen können. Vor diesem Hintergrund sollten auch Maßnahmen entwickelt werden, die in verschiedenen Stufen bezüglich Auflagenstrenge, inhärentem Risiko, Naturschutzwert und Prämienhöhe angeboten werden. Eine einmalige einjährige Vertragslaufzeit zu Beginn der Vertragsaufnahme mit der Möglichkeit zur Verlängerung würde ebenfalls die Hemmschwelle einer erstmaligen Umsetzung von Agrarumweltmaßnahmen senken. Vor allem in intensiv genutzten Agrarregionen sollten Maßnahmen so ausgestaltet sein, dass sie den befürchteten Unkrautdruck möglichst gering halten. Mit Saatmischungen bestellte Ackerstreifen eignen sich daher gut für diese Regionen. Ihre Prämienhöhe sollte jedoch den Bodenqualitäten dieser Regionen angepasst sein – durch Staffelung der Prämienhöhen entsprechend der Bodenqualität oder durch Ausweisung von Gebietskulissen.