Wireworm management (Coleoptera: Elateridae, Agriotes spp.): control applications and species specificity

Claudia Ritter, 2016


Zusammenfassung
Der Drahtwurm ist die Larve des Schnellkäfers. Drahtwürmer der Gattung Agriotes sind weit verbreitete Schädlinge und können nahezu alle Agrarkulturen durch Fraß an Wurzeln und unterirdischen/ bodennahen Pflanzenorganen schädigen. Da sie unterirdisch leben, sind sie schwierig zu bekämpfen. Des Weiteren sehen einige Arten als Larven fast identisch aus, jedoch besitzen sie unter anderem ein unterschiedliches Schadpotenzial und sind unterschiedlich krankheitsanfällig. Zudem gab es während der letzten Jahrzehnte einen Anstieg von Kulturschäden durch Drahtwurmfraß, der vor allem bedingt durch den Wegfall von Pflanzenschutzmittelzulassungen, sowie eine verstärkte konservierende Bodenbearbeitung und verstärkter Grünlandumbruch.

Die grundlegende Aufgabe der vorliegenden Arbeit bestand darin, Wege zur Lösung des Drahtwurmproblems zu finden und eine geeignete Bekämpfungsstrategie zu entwickeln. Daraus entstanden im Verlauf der Arbeit drei Unterziele: Prüfen der Existenz von funktionierenden oder vielversprechenden Konzepten zur Drahtwurmbekämpfung und Herausfiltern des aktuellen Forschungsbedarfs im Bereich der Drahtwurmbekämpfung, Herausfinden der Wirkung von Kalkstickstoff auf Drahtwürmer (d.h. toxisch oder repellent/vergrämend oder keine Wirkung) und Analysieren des Feind-Abwehr-Verhaltens der Larven, um die Kenntnisse zur arttypischen Biologie zu erweitern.

Zunächst erfolgte eine Zusammenstellung und Analyse relevanter Arbeiten zu den Themen Vorkommen und Bekämpfung von Drahtwürmern in der europäischen Landwirtschaft und im Gartenbau. Im Konkreten beinhaltet dies Arbeiten zur Erfassung und Verbreitung von Agriotes-Arten, zur Schadensvorhersage, sowie Arbeiten zu mechanischen, chemischen und biologischen Bekämpfungsmaßnahmen. Aus der Literaturanalyse ergab sich A. lineatus als in Europa am weitesten verbreiteter Drahtwurm-Schädling, gefolgt von A. obscurus und A. sputator. Weiterhin wurde geschlussfolgert, dass neue Bekämpfungsmaßnahmen die Drahtwurm-Art berücksichtigen sollten und es dafür wichtig ist, die ökonomisch relevanten Arten auch als Larven sicher bestimmen zu können und ihr Vorkommen auf regionaler Ebene zu erfassen. In Bezug auf die Anwendung von Insektiziden ist zu berücksichtigen, sowohl den Schaden an den Pflanzen einzudämmen, als auch eine Reduzierung der Larven sicherzustellen, da einige Mittel nur repellent wirken oder sich die Drahtwürmer nach einer bestimmten Zeit wieder erholen. Im Bereich der alternativen Bekämpfungsmaßnahmen erscheinen derzeit das Integrieren von Fangpflanzen und die Änderung von Fruchtfolgen, sowie Kombinations-Anwendungen mit z.B. entomopathogenen Pilzen und Nematoden oder einem Insektizid vielversprechend. Zurzeit ist die Schadensvorhersage und erfolgreiche Bekämpfung von Drahtwürmern immer noch eine Herausforderung. Schadschwellen sollten für die ökonomisch relevanten Arten in anfälligen Kulturen erstellt werden. Zu guter Letzt sollte das Wissen zur Biologie und Ökologie artspezifisch erfasst und beschrieben bzw. komplettiert werden.

Um die Wirkung von Kalkstickstoff (CaCN2) auf Drahtwürmer zu klären, wurden zwei Labor-Experimente durchgeführt. Zur Beurteilung der toxischen Wirkung wurden die Drahtwürmer einzeln in mit CaCN2 angereicherter Erde befüllten Klarsichtgefäße gesetzt. Für die Bestimmung der repellenten Wirkung wurden PVC-Rohre waagerecht verwendet, welche an einem Ende mit unbehandelter Erde und am anderen mit CaCN2 gemischter Erde gefüllt waren. In die Rohrmitte wurden je fünf Drahtwürmer gesetzt. Im Ergebnis hatte CaCN2 eine repellente und keine toxische Wirkung auf Drahtwürmer.

Die genannten Ergebnisse können landwirtschaftlichen Beratern und Agrarwirten als Entscheidungsgrundlage dienen, welche Maßnahmen im Konkreten zur Drahtwurmbekämpfung erforderlich bzw. umsetzbar sind.

Der letzte Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit dem Feind-Abwehr-Verhalten einiger Agriotes-Arten (als Larven). Um Verhaltensunterschiede zwischen den Arten zu bestimmen, wurden drei Bewegungsphasen definiert: Bewegungsstarre, Orientierungsphase und das sich Vergraben der Larven. Für die Verhaltensanalyse wurden die Drahtwürmer einzeln auf standardisierten Weißtorf fallen gelassen (mittels Federstahlpinzette). Das resultierende Verhalten wurde dokumentiert und ausgewertet. Die Versuche fanden in Klimakammern bei Temperaturen von 7, 20 und 27°C statt. Folgende Verhaltenskriterien konnten zugeordnet werden: (a) lange Bewegungsstarre (A. lineatus), (b) kurze bis keine Bewegungsstarre (A. obscurus, A. sordidus) und (c) sofortiges Flüchten/Vergraben ohne Bewegungsstarre (A. ustulatus). Außerdem wurden bei A. lineatus Unterschiede in Bezug auf Verhalten, Morphologie und Genetik (PCR Ergebnisse) festgestellt zwischen Larven aus Deutschland und den Niederlanden. 

Die neuen biologischen Erkenntnisse zu den untersuchten Drahtwurm-Arten tragen zum besseren Verständnis dieser Insekten bei und können die Interpretation von Versuchsergebnissen verfeinern. Die Untersuchungen deuten weiterhin an, dass die Länge der Bewegungsstarre der Arten Agriotes lineatus (lang) und A. obscurus (kurz) unterstützend als weiteres Kriterium zur morphologischen Bestimmung hinzugezogen werden könnte für eine verbesserte Trennung beider Arten.

Des Weiteren lässt sich aus den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit schlussfolgern, dass ein übergreifender Forschungsansatz notwendig ist um ein Problem langfristig lösen zu können. Ähnlich wie in der Medizin wird man mit einer Symptombehandlung zwar kurzfristig Abhilfe schaffen, jedoch die Ursache damit nicht beseitigen. Bezogen auf die Drahtwurm-Bekämpfung ist es entscheidend, zuerst das Larvenvorkommen vor Ort zusammen mit relevanten Umweltparametern vor der Pflanzung bzw. Einsaat zu untersuchen und daraus das bestehende Risiko abzuschätzen, um anschließend angemessene vorbeugende Maßnahmen treffen zu können, die in Einklang mit anderen pflanzenbaulichen Maßnahmen und dem Produktionsziel stehen. Kurative Mittel (d.h. Einzelmaßnahmen im chemischen, biologischen oder mechanischen Bereich) sollten dabei natürliche Systeme nicht ersetzen sondern nur ergänzen im Falle eines bestehenden natürlichen Ungleichgewichts. Weiterhin sollte das Zusammenspiel verschiedener Systemkomponenten (z.B. Schädlingsbekämpfung, Pflanzenwachstum, Bodeneigenschaften) mehr im Fokus kommender Untersuchungen stehen, um bestmögliche Behandlungskombinationen zu finden, welche die natürliche Balance (z.B. Schädling-Nützling) wieder herstellen und zugleich die Steigerung der Nahrungsmittelnachfrage und die wirtschaftlichen Belastungen des Agrarwirts berücksichtigen.